Die Invasion der Ukraine ist schon seit mehreren Monaten im Gange und leider ist aktuell kein Ende in Sicht. Die Bilder aus Städten wie Mariupol sind nicht mehr aus den Köpfen der Menschen zu kriegen und es wird in der europäischen und deutschen Politik eindeutig, dass russisches Gas nicht mehr unterstützt werden soll und darf. Daher steigt die Angst vor Energieknappheit, und gleichzeitig das Interesse an Alternativen wie Wasserstoff stetig.
Am 18. Mai wurde das „Namibia Green Hydrogen Investment Forum“ von T&T Corporations in Paris abgehalten, wo sich Expert*innen der Wasserstoffbranche über das Wasserstoff-Potential von Namibia austauschten.
Namibia ist eines der Länder, welche idealen Voraussetzungen für grünen Wasserstoff bietet. Mit seiner langen Küste und vielen Sonnenstunden hat es exzellente Bedingungen, grünen Wasserstoff aus etwa Solarenergie zu produzieren, und diesen auch über seine Hafenstädte ins Ausland zu exportieren.
Das deutsche Unternehmen Enertrag ist mit seiner Beteiligung an Hyphen Hydrogen Energy eine der Pioniere für den namibianischen Markt. Das Großprojekt soll jährlich rund 300.000 Tonnen grünen Wasserstoff und Wasserstoff-Derivate wie Ammoniak im Tsau-Khaeb-Nationalpark produzieren. Firmen wie Enertrag spielen eine wichtige Rolle, damit sich aus dem Wasserstoffpotenzial ein nachhaltiger Industriezweig entwickeln kann. Denn durch Großprojekte wie Hyphen können sich Folgeprojekte entwickeln und schnell einen Wasserstoff-Boom hervorbringen, der diesen letztendlich auch rentabel macht. Die wirtschaftliche Erträglichkeit ist aktuell eine der größten Herausforderungen im Themenbereich Wasserstoff.
Der Export von Wasserstoff spielt dabei eine wichtige Rolle. Daher habe ich mich sehr gefreut, das Panel „Namibia, a key partner in the global green hydrogen agenda: Case Study Germany – Perspective from importing countries” zu moderieren und die deutsche Perspektive zum Thema Wasserstoff zu diskutieren. Gemeinsam mit Dr. Simon Schäfer-Stradowsky vom Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V., Erhan Erdogan von Hydrogenious LOHC Technologies und Dr. Ing. Ouda Salem vom Fraunhofer Institut ISE, haben wir einen Blick auf den Forschungsstand und die Infrastruktur in Deutschland geworfen.
Was ganz deutlich wurde: Deutschland hat beim Thema Wasserstoff verschlafen.
Terminals für den Import sind noch nicht bereit, Regulatorien für Pipelines noch nicht ausreichend vorhanden und die Bürokratie ist, wie bei vielen anderen Dingen, wieder das größte Hindernis für Deutschland.
Nichtsdestotrotz darf man positiv geneigt in die Zukunft schauen. Die aktuelle geopolitische Lage war für Deutschland ein akuter Weckruf, und die Bundesregierung ist bereit, in Infrastruktur und Forschung zu investieren, um schnelle Handlungsoptionen für die Privatwirtschaft zu ermöglichen. Viele Firmen stehen bereits in den Startlöchern, und auch durch Initiativen wie H2 Atlas wird das Potential für einen deutsch-afrikanischen Austausch gefördert. Ebenfalls besitzt Deutschland bereits eine geeignete Infrastruktur, und muss nicht von null anfangen. Wir können bereits vorhandene Anlagen, wie LNG-Terminals, gegebenenfalls auch für Wasserstoff nutzen.
Ein weiterer Aspekt, den man nicht außer Acht lassen sollte, ist das Potential von grünem Wasserstoff für die namibianische Wirtschaft. Die lokale Regierung hat während der Konferenz ihre nationale Wasserstoffstrategie vorgestellt und deutlich gemacht, dass Wasserstoff gezielt in die lokale Mobilitätsinfrastuktur integriert werden soll. Dies ist ein wichtiger Punkt, der in der aktuellen Diskussion rund um Wasserstoff vernachlässigt wird. Denn es ist von großer Relevanz, dass das Produzentenland nicht die gleichen Fehler wie Deutschland begeht, sondern von Anfang an eine resilientere Infrastruktur aufbaut.
Es ist wichtig, die Chancen von Wasserstoff nicht als eine Form von Neo-Kolonialismus entgleisen, sondern Länder wie Namibia ganz klar den Lead übernehmen zu lassen. Die namibische Regierung ist in den letzten Wochen durch ganz Europa gereist, war sogar in Davos um ihre Wasserstoffstrategie vorzustellen. Sie hat klar bewiesen, dass sie die Kompetenzen hat, mit dem Westen auf Augenhöhe zu verhandeln und eine klare Vision für ein starkes Namibia zu fördern.
Ich blicke gespannt auf die Zukunft von Wasserstoff und bin mir nach meinem Besuch in Paris sicher, dass Namibia einer der Vorreiter von Wasserstoff auf dem afrikanischen Kontinent sein wird.